Kirche
Nachdem kürzlich schon der Vatikan hart mit den Reformbemühungen der deutschen Katholiken ins Gericht ging, legt nun Kardinal Müller nach. Auch zur Personalie Woelki hat er eine deutliche Meinung.
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Die deutschen Katholiken geben sich mit ihrem Reformprozess nach Meinung von Kardinal Gerhard Ludwig Müller einer Illusion hin. Die im Rahmen des Synodalen Wegs angestrebten Neuerungen hätten keinerlei Chance auf Umsetzung, sagte der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation und frühere Bischof von Regensburg der Deutschen Presse-Agentur in Rom.
„Der Grund dafür ist nicht, dass wir hier in Rom diktatorisch auf unseren Überzeugungen beharren oder Macht ausüben wollen. Der Grund ist, dass die Kirche von Jesus Christus eingesetzt und entworfen worden ist. Wir haben keine Vollmacht, diese Ordnung zu verändern.“
Der Vatikan hatte kürzlich klargestellt, dass der Synodale Weg der deutschen Katholiken „nicht befugt“ sei, die Leitungsstrukturen oder Kirche oder gar die Lehre zu verändern. Der Synodale Weg strebt konkrete Reformen in den Bereichen Sexualmoral, Umgang mit Macht, Stellung der Frau und Pflichtzölibat (Ehelosigkeit) der Priester an.
Müller betonte, er sei nicht dafür, den Synodalen Weg komplett aufzugeben. Eine Synodalversammlung, in der die deutschen Bischöfe mit Laienvertretern zusammenarbeiteten und etwa über die Frage diskutierten, wie sexueller Missbrauch künftig verhindert werden könne, sei durchaus sinnvoll. „Die Kirche ist eine Gemeinschaft der Glaubenden, in der alle mitwirken sollen. Sie besteht nicht aus Befehlsgebern und Befehlsempfängern“, sagte Müller.
Viele Möglichkeiten der Mitwirkung
Die Laien hätten ein Recht, mitzuwirken, und dies geschehe ja auch auf vielfältige Weise etwa in Pfarrgemeinderäten und Diözesanräten. Die Deutsche Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) sollten aber aufhören, den Eindruck zu erwecken, dass sie durch ihren nationalen Prozess die katholische Weltkirche in wesentlichen Punkten nach ihrem Gutdünken umkrempeln könnten.
Müller (74) war von 2002 bis 2012 Bischof von Regensburg, dann wurde er von Papst Benedikt XVI. zum Präfekten der römischen Glaubenskongregation berufen, die über die katholische Lehre wacht. Als seine erste Amtszeit 2017 auslief, wurde diese von Papst Franziskus nicht verlängert. Seit 2021 ist Müller Richter am obersten Kirchengericht im Vatikan.
Müller kritisierte auch den Umgang von Papst Franziskus mit dem Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki. „Ich sehe nicht den geringsten Grund, warum Kardinal Woelki zurücktreten müsste“, sagte er. Gegen Woelki liege absolut nichts vor, er sei lediglich das Opfer von Diffamierungskampagnen.
Noch keine Entscheidung des Papstes
Papst Franziskus hatte der dpa am vergangenen Sonntag gesagt, er wolle sich mit seiner Entscheidung in Sachen Woelki Zeit lassen. „Schauen wir mal. So eine Entscheidung trifft man nicht unter Druck“, sagte das 85 Jahre alte Oberhaupt der katholischen Kirche. Im Juni hatte Franziskus in einem Interview bereits gesagt, er habe Woelki dazu aufgefordert, ein Rücktrittsgesuch an ihn zu richten. Dieses liege ihm nun vor, und er könne jederzeit darüber entscheiden. Hintergrund sei die „turbulente Situation“ im Erzbistum Köln.
Müller kritisierte diesen Schwebezustand scharf. „So wird der Eindruck erweckt, dass die Bischöfe nur Schachfiguren sind, die der Papst nach Belieben versetzen kann. Dabei sind die Bischöfe eigentlich von Christus eingesetzt, dem Papst im Bischofsamt gleichrangig. Der Papst ist nicht der Chef, der Arbeitgeber der Bischöfe. Er kann nur im äußersten Fall einen Bischof entlassen, wenn dieser sich etwa schwere Amtspflichtverletzungen zuschulden kommen lässt.“
Papst Franziskus hatte Woelki im vergangenen Jahr „große Fehler“ insbesondere in seiner Kommunikation vorgeworfen und ihn in eine fünfmonatige Auszeit geschickt. Zuvor war Woelki unter anderem in die Kritik geraten, weil er ein Gutachten zum Umgang von Bistumsverantwortlichen mit Missbrauchsvorwürfen aufgrund von rechtlichen Bedenken zunächst nicht veröffentlicht hatte.