Eigentlich besteht Franz Berlichs Alltag vor allem daraus, Anträge prüfen, E-Mails zu beantworten und Telefonate zu führen. Doch neben seinem Job in der Berliner Verwaltung versucht sich der 29-Jährige immer wieder als Unternehmensgründer. Seine neueste Idee: Impfmerchandise. Auf der Seite impfsticker.com bietet Berlich lustige Aufkleber, Buttons und T-Shirts für alle an, die sich zu ihrer Corona-Impfung bekennen wollen.
Herr Berlich, täglich trifft man in den Sozialen Medien auf Fotos von frischgeimpften Oberarmen. Brauchen die Leute dazu auch noch Impfmerchandise?
Ich denke schon. Es gibt viele Menschen, die sich für die Impfkampagne einsetzen und Überzeugungsarbeit leisten möchten. Genau das ist der Gedanke hinter unserer Webseite. Man kann sich die Sticker auf sein Handy, den Laptop, Getränkeflaschen oder sein Auto kleben und so versuchen, andere zu motivieren. Auch Arztpraxen, die dafür sorgen wollen, dass sich ihre Patientinnen und Patienten sicher fühlen, bestellen bei uns. Die Seitenaufrufe auf unserer Webseite schießen gerade in die Höhe. Am Anfang hatten wir etwa alle zwei Tage eine Bestellung, mittlerweile werden täglich zwischen 30 und 50 Produkte gekauft. Wenn jetzt die Impfpriorisierung endet, werden die Kampagnen richtig losgehen. Das Ganze hielt sich wegen der geringen Verfügbarkeit bisher ja noch in Grenzen.
Eine kleine Auswahl von Designs rund um die Corona-Impfung – im Look der Nullerjahre, wie der Firmengrüder sagt.Foto: Impfsticker.com
Wie sind Sie auf diese Geschäftsidee gekommen?
Immer wieder habe ich gelesen, dass wir das Virus eigentlich nur gemeinsam mit der Herdenimmunität besiegen können. Die Zahl derjenigen, die sich auf freiwilliger Basis impfen lassen wollen, ist dafür in Deutschland allerdings zu niedrig. Mir war schon Anfang des Jahres klar, dass man versuchen muss, diese Menschen zu überzeugen. Da habe ich mir schnell die entsprechenden Internetadressen gesichert und die ersten Sticker und Buttons selbst mit Photoshop designt. Ein Bekannter, mit dem ich schon bei früheren Projekten zusammengearbeitet habe, hat Kapital zur Verfügung gestellt und kümmert sich um den Versand.
Die Sticker wirken vor allem bunt und durcheinander – wie etwas, das man von seiner flippigen Tante auf Whatsapp geschickt bekommt.
Nunja, das ist ein bisschen Sinn der Sache. Wir haben uns bei den Designs bewusst für einen Look entschieden, der sich selbst nicht zu ernst nimmt und an die Nullerjahre erinnert. Das sind alles Dinge, die irgendwo schon wieder im Kommen sind. Mir fallen da beispielsweise das Moorhuhn-Revival oder auch Pokémon Go ein. Man kann uns übrigens auch eigene Entwürfe zusenden. An Verkäufen, die das Design erzielt, beteiligen wir die Macherin oder den Macher mit 30 Prozent Provision. Es gibt schon einige, die mitmachen.
Screenshot des Spiels Moorhuhnjagd aus dem Jahr 1999. Berlich orientiert sich an Designs der Nullerjahre.Foto: Michael Eichhammer/Imago
Es ist nicht das erste Mal, dass Sie versuchen, mit einer unkonventionellen Idee nebenbei Geld zu verdienen.
Das stimmt. Schon mit dreizehn Jahren habe ich mich auf Ebay in solchen Geschichten ausprobiert. Damals hatte ich unter anderem CD-Rohlinge in großen Mengen gekauft, um sie dann in kleineren Stückzahlen selbst anzubieten. Damals waren die Teile noch gefragt. Ich habe schnell festgestellt: Das mit dem Handeln macht Spaß und liegt mir einfach. Neben meiner Laufbahn in der Verwaltung habe ich dann einfach weitergemacht, sogenannte Water-Walking-Balls oder kleine Löffel mit integriertem Teebeutel verkauft.
Dieses Mal haben Sie sich allerdings etwas ausgesucht, das stärker polarisiert. Haben sich schon Menschen bei Ihnen gemeldet, die sich im Ton vergreifen?
Ich glaube, das gehört momentan einfach mit dazu, egal ob es um Masken geht oder ums Impfen. Beschimpfungen gab es bisher noch keine, aber einige wittern Staatspropaganda. Die denken dann, dass wir andere Leute indirekt zum Impfen zwingen wollen. Dabei geht es nur darum, Menschen zu motivieren, bei denen die Impfvoraussetzungen erfüllt sind. Sonst kommen wir nie aus der Pandemie. Ich finde generell, dass mehr Anreize für das Impfen geschaffen werden müssen. Auch in meinem privaten Umfeld gibt es Leute, die überhaupt kein Interesse an einer Spritze haben. Einige von denen sagen aber, dass sie sich impfen ließen, wenn das Lockerungen zufolge hätte.
Gründer Franz Berlich in seinem Homehoffice: Er verkauft “Pro-Impfen”-Produkte, darunter Sticker und T-Shirts. Sogar Impfpässe.Foto: Doris Spiekermann-Klaas/TSP
Haben Sie sich denn schon impfen lassen?
Bei Astra-Zeneca möchte ich persönlich, als relativ junger Mensch, noch ein bisschen abwarten. Wie ich gesagt habe: Es geht nicht darum, sich um jeden Preis impfen zu lassen.
Was wird aus Ihrem Geschäft, wenn alle geimpft sind?
Es gibt immer noch genug Krankheiten, gegen die man sich impfen lassen sollte. Die Webseite soll dann weiter aufklären und beispielsweise über notwendige Impfungen für Reisen informieren. Außerdem wollen wir verschiedene Produkte im Gesundheitsbereich anbieten wie Impfbücher, Desinfektionsmittel oder Schnelltests. Ich glaube, dass die Themen uns auch nach der Pandemie noch beschäftigen werden.
Das Interview führte Patrick Volknant.