Sapporo (dpa) – Lässig lächelnd stemmte Eliud Kipchoge nach seinem historischen Marathon-Triumph die Hände in die Hüfte.
Erst als dritter Leichtathlet in der 125-jährigen Olympia-Geschichte gewann der Laufstar aus Kenia am Sonntag in Sapporo zum zweiten Mal Gold über die klassischen 42,195 Kilometer. Vor ihm war dies nur dem Äthiopier Abebe Bikila (1960, 1964) und Waldemar Cierpinski aus Halle/Saale (1976, 1980) gelungen. “Ich denke, ich habe mein Vermächtnis erfüllt und hoffe, die nächste Generation zu inspirieren”, sagte Kipchoge.
Der 36-Jährige lief nach 2:08:38 Stunden über die Ziellinie und ballte dabei jubelnd die Faust. Abdi Nageeye (2:09:58) aus den Niederlanden und der Belgier Bashir Abdi (2:10:00) rannten mit deutlichem Abstand auf den Silber- und Bronzerang.
Bei Kilometer 30 auf und davon
Als Kipchoge bei Kilometer 30 das Tempo anzog und das Weite suchte, konnte ihm keiner folgen. “Ich wollte eine Lücke schaffen, um der Welt zu zeigen, dass dies ein schönes Rennen ist”, erläuterte er seine Taktik. Seinem Sieg maß Kipchoge, der auch “der Philosoph” genannt wird, eine große Bedeutung zu. “Ich wollte zeigen, dass wir Hoffnung für die Zukunft haben”, sagte er. Dass die Tokio-Spiele trotz der Gefahren der Corona-Pandemie ausgetragen wurden, sei ein Zeichen: “Wir sind auf dem richtigen Weg zu einem normalen Leben.”
Zur Marathon-Realität gehört auch, dass Kipchoge sich in einer ganz anderen Dimension bewegt als die deutschen Läufer. Richard Ringer vom LC Rehlingen kam mit einem Rückstand von 7:30 Minuten als bester DLV-Starter auf Rang 26. Amanal Petros lief 7:55 Minuten nach dem Sieger als 30. ins Ziel im Odori Park.
Der deutsche Rekordhalter vom TV Wattenscheid hielt sich bis Kilometer 25 in der Spitzengruppe, musste dann aber dem hohen Tempo und der Hitze von rund 30 Grad Tribut zollen. Sein Vereinskollege Hendrik Pfeiffer belegte in 2:20:43 Stunden den 50. Platz. “Ich habe mich sehr gut gefühlt, so ungefähr bis Kilometer 32, 33. Danach ist mein Oberschenkel fest geworden”, sagte Petros. “Es war nicht leicht und die Hitze war brutal hart.”
Dies galt auch für Melat Kejeta, die am Samstag im Medaillenrennen der Frauen über 42,195 Kilometer Sechste geworden war – und sich für dieses Superergebnis sogar noch entschuldigte. “Mein Ziel war, eine Medaille zu bekommen für Deutschland”, sagte die 28 Jahre alte Kejeta, die in Äthiopien geboren wurde und für das Laufteam Kassel startet: “Es tut mir leid.” In 2:29:16 Stunden fehlten Kejeta nur 116 Sekunden zu Gold, das sich Peres Jepchirchir aus Kenia (2:27:20) schnappte, und lediglich 90 Sekunden zu Bronze.
Kejeta weckt Hoffnungen
Vielleicht ist Rang sechs nur der Anlauf für Größeres in drei Jahren bei den Sommerspielen in Paris gewesen. Zumindest weckte Kejeta mit ihrem tollen Auftritt neue Hoffnungen auf ein Ende der langen deutschen Marathon-Durststrecke. 33 Jahre ist es her, dass Katrin Dörre-Heinig 1988 in Seoul Bronze gewann. 1996 wurde sie in Atlanta noch einmal Vierte. Erst Kejeta gelang wieder eine ähnliche Top-Platzierung bei Olympia wie der heutigen Bundestrainerin.
Zweitbeste deutsche Läuferin in Sapporo war Deborah Schöneborn. Die Berlinerin erreichte in 2:33:08 Stunden den 18. Platz. Auf Rang 31 kam Katharina Steinruck aus Frankfurt (2:35:00). “Alle Drei haben sich für diese wirklich sehr, sehr schwierigen Bedingungen hervorragend geschlagen”, betonte Dörre-Heinig. “Ich ziehe den Hut.”
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